BOX 7 - Erfassung bodenbiologischer Leistungen

Inhalt der Box

Streuzersetzung

Lochfraß

Zersetzung: Streuzersetzung durch Bodenorganismen am Beispiel eines Buchenblatts. 1 Frisch gefallenes Blatt. 2 Springschwänze und Hornmilben greifen die Blattepidermis an (Fensterfraß), Bakterien, vor allem Actinomyceten, besiedeln das Blatt. 3 Lochfraß durch Diptera, Springschwänze und Milben. 4 Das Blattgewebe wird durch Insektenlarven bis auf die Leitbündel angefressen (Skelettfraß), Kotballen bleiben zurück; Actinomyceten und Pilze durchziehen die Blattreste mit ihrem Mycel. 5 Die Kotballen der ersten Zersetzer verkleben mit den Geweberesten; das Gemenge wird von Bakterien zersetzt, von Regen- und Borstenwürmern mit Mineralpartikeln gefressen und als Kot wieder ausgeschieden. 6 Mischung von Mineralpartikeln mit Abbauprodukten der Streu im Darm von Regenwürmern, Bildung von Ton-Humus-Komplexen. 7 Weitgehend zu Huminstoffen abgebaute organische Substanz (Mull) Copyright Spektrum Akademischer Verlag

Die Streuzersetzung kann grob in drei Phasen untergliedert werden.

  1. Biochemische Initialphase
  2. Unmittelbar vor und nach dem Absterben von pflanzlichem Ausgangsmaterial setzen Hydrolyse- und Oxidationsprozesse ein, die zur Spaltung hochpolymerer Verbindungen (Kohlenhydrate, Proteine) und zur Umwandlung ringförmiger Verbindungen zu Komplexverbindungen führen (z.B. Laubfärbung).

  3. Phase der mechanischen Zerteilung
  4. Die Streu wird durch das Mundwerkzeug der Makro- und Mesofauna mechanisch zerkleinert, aufgenommen und verdaut. Zeitgleich findet der Eintrag der Streu in untere Bodenhorizonte (Mineralköper) statt. Die ausgeschiedenen Produkte werden mehrmals als Nahrung aufgenommen. Hierdurch wird der Zellverband der Streu zerstört und die Angriffsfläche für Mikroorganismen vergrößert.

  5. Phase des mikrobiellen Abbaus
  6. Heterotrophe und saprophytische Mikroorganismen spalten während der biotischen Oxidation (Atmung) primäre organische Verbindungen in anorganische Verbindungen enzymatisch auf (Mineralisation). Hierdurch werden Hauptnährelemente (N, P, S, K, Ca, Mg) und Spurennährelemente (z.B. Fe, Mn, Zn) freigesetzt und sind somit wieder pflanzenverfügbar.

    Findet die Zersetzung unter aeroben Verhältnissen statt, so wird sie als Verwesung bezeichnet. Fäulnis hingegen bezeichnet den Zersetzungsvorgang unter anaeroben Bedingungen.

    Die Bodenaktivität und somit auch die Zersetzung von totem organischem Material sind von zahlreichen biotischen und abiotischen Standortfaktoren abhängig. Optimale Bedingungen für die Zersetzung liegen vor bei:

    • mittleren Feuchtigkeitsverhältnissen (50-80% der FK)
    • guter Durchlüftung des Bodens (aerobe Lebensweise der meisten Bodenorganismen)
    • angemessene Bodentemperatur (10°C bis max. 35°C; BLUME 1990: 65)
    • neutrales bis schwach alkalisches Milieu
    • Qualität und Quantität der organischen Ausgangssubstanzen (z.B. Abbauresistenz, C/N-Verhältnis)

    Das C/N-Verhältnis ist ein geeignetes Maß für die bodenbiologische Aktivität. Ist das Verhältnis größer als 25:1, so fehlen den Mikroorganismen Proteine (Stickstoff) für den Aufbau der eigenen Körpersubstanz und der Substanzabbau verläuft nur stark gehemmt ab. Bei einem C/N-Verhältnis kleiner als 20:1 wird hingegen vermehrt organisch gebundener Stickstoff freigesetzt. In der Regel gilt, je enger das C/N-Verhältnis, desto schneller läuft der Zersetzungsprozess ab.

Literatur: BLUME, H.-P. (1990): Handbuch des Bodenschutzes. Bodenökologie und -belastung. Vorbeugende und abwehrende Schutzmaßnahmen. Landsberg.

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Die RGT-Regel

Die Reaktionsgeschwindigkeit-Temperatur-Regel (RGT-Regel) besagt, dass bei einer Erhöhung um 10°C der Bodentemperatur (im Rahmen von 0°C bis 40°C) sich die Geschwindigkeit der biochemischen Prozesse verdoppelt bis verdreifacht.

Findet die Streuzersetzung unter suboptimalen Bedingungen (unvollständige Mineralisierung) statt, so bilden sich aus den freigesetzten Zellinhaltstoffen reaktionsfähige Spalt-, Zwischen- und Endprodukte. Diese verbinden sich zu neuen höherpolymeren, braun-schwarzen, cyclischen organischen Verbindungen (sekundäre Huminstoffe). Dieser Vorgang wird als Humifizierung bezeichnet.

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Humus

Humus-Arten

Nach ihrer Funktion wird in zwei Humusarten unterschieden:

  1. Nährhumus
  2. Besteht das pflanzliche Ausgangmaterial vorwiegend aus mikrobiell leicht zersetzbarem Material (Zucker, Stärke, Proteine), so dominiert die Mineralisierung. Es werden permanent CO2 und Pflanzennährstoffe freigesetzt.

  3. Dauerhumus
  4. Besteht die Streu jedoch hauptsächlich aus abbauresistenten Stoffen (z.B. Zellulose, Lignin, Harze), bildet sich Dauerhumus. Dieser dient als Wasser- und Nährstoffspeicher, da die gebildeten Huminstoffe bzw. Ton-Humus-Komplexe in der Lage sind, Ionen dauerhaft zu adsorbieren (Adsorptionswasser). Zusätzlich fungiert der Dauerhumus gefügestabilisierend.

(Terrestrische) Humus-Formen

Humusformen werden nach Zusammensetzung und Umfang der Humussubstanz sowie dessen Horizontierung bestimmt.

  • Mull
  • Die günstigste Humusform ist Mull. Er kommt auf nährstoffreichen Böden mit einer hohen biologischen Aktivität vor (besonders Bodenwühler wie Regenwürmer oder Asseln).

  • Moder
  • Moder ist eine Zwischenstufe zwischen Mull und Rohhumus.

  • Rohhumus
  • Der kaum zersetzte Auflagehumus auf nährstoffarmen Böden mit einer nur sehr geringen biologischen Aktivität (selten große Bodenwühler) wird als Rohhumus bezeichnet. Die Zersetzung verläuft langsam und unvollständig.

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Der Regenwurm als Bodenverbesserer

Besonders der Regenwurm ist für die Bodenfruchtbarkeit von großer Bedeutung. Seine spezifische Fortbewegungsweise sorgt dafür, dass organisches Material bis in mehrere Meter tief in den Mineralboden eingebracht wird. Hierdurch wird der gesamte Bodenkörper gelockert, wodurch günstige Bedingungen für den Luft- und Wasserhaushalt geschaffen werden. Durch seine geophage Ernährung mischt er in seinem Verdauungstrakt organisches mit mineralischem Material. Die Aktivierung der Tonminerale im Darm führt zur Bildung von organo-mineralische Komplexen. In der Darmpassage des Regenwurms werden die aufgenommenen Substanzen derart verkittet, dass die Wurmlosung zu einem sehr wertvollen Krümelgefüge (auch: Wurmlosungsgefüge) führt. Wie das gesamte Edaphon sorgen auch die Regenwürmer für eine körpereigene Nährstoffbindung. Die in der Körpersubstanz gebundenen Nährstoffe werden so vor dem Auswaschen geschützt.

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